Reisemonat Juli 2024 - Es geht Richtung Süden
Wenn mich jemand bitten würde, den Juli mit wenigen Worten kurz zusammen zufassen, dann wäre meine Antwort folgende: Höhen und Tiefen haben sich abgewechselt wie Tag und Nacht.
Von Zufriedenheit über Verzweiflung, Freude bis hin zu Betroffenheit, waren in diesem Monat alle Gefühle bei uns anzutreffen. Zu Beginn noch im Norden Polens waren wir zum Ende bereits in Ungarn. Dabei wurde es stets wärmer und der Sommer zeigte sich von seiner besten Seite. Aber der Reihe nach.
Polen
Von Burgen und Bunkern
Die ersten Tage im Juli verbrachten wir an verschiedenen Burgen. Während es sich bei der einen Burg um eine hergerichtete Wallburg aus dem Mittelalter handelte, die aufgrund ihrer großen Windmühle an Holland erinnerte, war die andere Burg eher ein Schloss, welches im 15. Jahrhundert erbaut, 2005 teilweise rekonstruiert wurde und heute als Hotel dient. Dieses liegt direkt an einer Straße auf der noch das alte Kopfsteinpflaster verlegt ist. Egal wie langsam oder schnell die Autos auf der Straße lang fuhren, es hatte jedes Mal ordentlich gerumpelt. Langschläfer hätten an diesem Platz keine Freude gefunden. Gut, dass wir Frühaufsteher sind und stets vor dem Trubel unseren nächsten Stellplatz versuchen zu erreichen.
Während die Wolfsschanze den meisten ein Begriff ist, wissen die wenigsten, dass es noch unzählige viele weitere Bunkeranlagen aus dem zweiten Weltkrieg in Polen gibt. Durch Zufall sind wir auf eine Anlage gestoßen, in welcher damals ganze Züge gebaut wurden. Der Hauptbunker ist 450 m lang, als Museum hergerichtet und inzwischen von der Natur mit integriert. Aufgrund des Regens an dem Tag wirkten die moosbewachsenen Bunkerwände und die aufsteigenden Nebelschleier zum einen mystisch, aber zum anderen auch etwas beklemmend. Einen Zug hatten sie zwar leider nicht mehr vor Ort, aber dafür noch einige Jeeps und Motorräder aus der damaligen Zeit.
Auschwitz
Schon lange war es mein Wunsch einmal Auschwitz zu besichtigen und als feststand, dass wir durch Polen reisen würden, stand dieser Ort an oberste Stelle unserer Have-to-See-Liste. Auschwitz bietet täglich mehrere Führungen in verschiedenen Sprachen durch das Museum und das Stammlager an. Diese gehen in der Regel ca. 2,5 – 3 Stunden. Wir wollten jedoch Auschwitz gern selbst erkunden, uns Zeit nehmen und das Gesehene in Ruhe auf uns wirken lassen. Als so genannter Individualtourist ist der Museumsbesuch erst ab 16:00 Uhr möglich, wenn die Führungen sozusagen durch sind. Das Stammlager, Auschwitz-Birkenau, konnten wir jedoch direkt nach dem Erwerb des Tickets besichtigen.
Der erste Gedanke, als wir auf das Gelände von Auschwitz-Birkenau kamen, war: Oh Gott, ist das groß. Auf 1,7 Quadratkilometern gab es unzählige viele Lagerblöcke. In solch einem Lagerblock bzw. einer Baracke waren zum Teil bis zu 750 Menschen untergebracht. Jede Schlafstelle wurde mit bis zu 10 Personen belegt. Ein beklemmendes Gefühl dies alles nicht nur auf Bildern zu sehen. Und trotzdem fühlte es sich so unrealistisch bzw. unvorstellbar an. Von vielen Gebäuden sind zum Teil nur noch die Grundmauern erhalten, was der Gesamtfläche ein umheimliche Weite gibt.
Der Eintritt ins Museumsgelände erfolgt wiederum durch einen schmalen Gang. Während wir diesen langliefen, hörten wir stets die Namen von unzähligen Opfern, die ihr Leben in Auschwitz liesen. Dabei überkam uns eine Gänsehaut. Noch bedrückender wurde das Gefühl als wir die zahlreichen Ausstellungen besichtigten, in denen die Entwicklung der Verfolgung und Ermordung der Minderheiten in den einzelnen Ländern dargestellt wurde. Die Bilder der abgemagerten Körper, der Todeswand, den unzähligen Paar Schuhen und der verzweifelten Augen werden uns ewig in Erinnerung bleiben.
Noch lange werden wir benötigen, um das Gesehen zu verarbeiten. Begreifen werden wir es jedoch nie.
Berge in Sicht
Nach Auschwitz ging es für uns weiter Richtung Süden und wir sahen nach knapp 2,5 Monaten wieder richtige Berge vor uns. Wir näherten uns langsam, aber sicher der Hohen Tatra, dem kleinsten Hochgebirge der Welt, und somit auch der Grenze zur Slowakei – unserem fünften Reiseland.
Zu Fuß sind wir bereits am 15. Juli 2024 in der Slowakei eingereist, während Mo noch in Polen stand. Auf einer kleinen (Grenz-) Wanderung genossen wir die Panoramasicht und hatten seit langem mal wieder ein wenig Bergfeeling. Aber keine Angst, wir sind selbstverständlich zu Mo wieder zurück. Schließlich wollten wir noch etwas von unserem polnischen Datenvolumen aufbrauchen, bevor wir in der Slowakei ein wenig darben müssen. Außerdem war unsere E-Vignette erst ab dem Folgetag gültig, weshalb wir mit der Einreise noch warten mussten.
Slowakei
Erstes Ziel – Werkstatt
Am 16. Juli 2024, diesmal kein Wochenende, fuhren wir über die Grenze in die Slowakei. Der Grenzübertritt war, wie bei den vorherigen Ländern auch, völlig unspektakulär. Wir steuerten Poprad als erstes Ziel an – genauer gesagt eine Werkstatt. Aber alles ohne Stress und geplant. Ein Motorölwechsel war fällig und Christian durfte sogar fleißig mithelfen. Der Mechaniker hat es mit einem Lächeln quittiert und so schraubten sie als Team am Mo. Ein Punkt, dass wir so spontan dazwischen geschoben werden konnten, war sicher auch, dass wir sämtliche Filter und das Öl dabei hatten. Nach dem Kurztripp in die Stadt ging es raus in die Natur.
Hohe Tatra
Knapp unterhalb der Hohen Tatra fanden wir einen großen P+R Platz, welcher sich als idealer Stellplatz für die kommenden Tage rausstellte. Wir konnten in Ruhe die ein oder andere kleine Reparatur am Mo durchführen und wunderschöne Wanderungen in den Bergen unternehmen. Ein Gefühl der Entschleunigung setzte zum ersten Mal auf dieser Reise ein.
Zum Ausgangspunkt der Wanderrouten waren es ca. 4 km und wir hatten stets das Glück, dass uns ein Einheimischer bis zum nächsten Ort mitnahm und wir somit Zeit und Energie sparen konnten, die wir direkt in die Wanderungen investierten. Weiter rein in die Hohe Tatra sind wir mit Mo jedoch nicht gefahren, da es sich hier um einen Nationalpark handelt und Freistehen somit untersagt ist. Sämtliche Parkplätze, auf denen Übernachten erlaubt wäre, waren uns jedoch zu teuer und daher zogen wir schweren Herzens weiter. Irgendwann mussten wir eh los. Schließlich liegen noch so viele Länder auf unserer Reise vor uns.
Das Problem mit der Stellplatzsuche
Während wir im Norden der Slowakei einen super Stellplatz hatten und es auch sehr viele zur Auswahl gab, entwickelte sich die Suche nach passenden Stellplätzen in der Slowakei weiter gen Süden zur großen Herausforderung, die uns zum Teil zum verzweifeln brachte. Es gab Tage, an denen wir erst am vierten Platz, nach 150 km und unzähligen Stunden Fahrt, einen Platz gefunden hatten, an dem wir uns wohl fühlten.
Da die Temperaturen in diesen Tagen auch stets an der 30 Gradmarke kratzen, fielen viele Stellplätze mangels fehlendem Schatten für uns raus. Fanden wir dann endlich einen passenden Platz, blieben wir oft gleich zwei Nächte. So hatten Mo und auch wir wieder ein wenig Gelegenheit zum durchatmen. Trotz allem mussten wir feststellen, dass der Süden der Slowakei eher als Transit genutzt werden sollte. Denn wirklich viel zu sehen, gibt es aus unserer Sicht hier nicht.
Komárno
Bevor wir nach Ungarn einreisten, planten wir einen Zwischenstopp in Komárno ein. Da es sich bei Komárno um eine Grenzstadt handelt, durch welche die Donau fließt und die Donaubrücke der offizielle Grenzübergang nach Ungarn ist, wollten wir uns bereits vorab mit einer SIM-Karte und einer Maut-Box ausstatten.
In Ungarn müssen nämlich seit Januar 2024 alle Fahrzeuge >3,5 to Maut bezahlen – auch Wohnmobile. Aber das Mautsystem in Ungarn ist ziemlich besch… geregelt. Entweder man erwirbt so eine Maut-Box, ist dadurch beim Fahren flexibler, oder man bucht stets sogenannte Streckentickets. An sich wollten wir solch eine Maut-Box erwerben, aber niemand konnte uns wirklich sagen, wo wir solch eine Box herbekommen. Weder HU-GO, der Mautbetreiber, noch die Tankstellen waren in der Lage hierzu eine entsprechende Auskunft zu geben.
Hinzu kam, dass wir keine SIM-Karte erhielten, da wir keinen ungarischen Wohnsitz haben. Als Tourist ist es in Ungarn anscheinend nicht möglich, eine Prepaid-Karte zu erwerben. Wir hatten jedoch die Vermutung, dass die Mitarbeiter der Telefongeschäfte zum Samstagmittag keine Lust hatten sich mit diesem Thema zu beschäftigen.
Total gefrustet und völlig verschwitzt, kamen wir wieder bei Mo an. Unsere Laune war im Keller und wir hielten erstmal eine Krisensitzung zur Besprechung der weiteren Vorgehensweise ab. Nach einigem Hin und Her entschieden wir uns, direkt nach Ungarn einzureisen.
Ungarn
Am 27. Juli 2024, ein Samstag wohlgemerkt, überquerten wir gegen 16:00 Uhr die Donau und somit die Grenze zu Ungarn – unserem sechsten Reiseland.
Wir probierten es an vier weiteren Tankstellen eine Maut-Box zu erwerben. Nach dem wir erfuhren, dass die Box nur gekauft werden kann und 135,00 EUR kostet, war das Thema für uns erledigt. Kosten und Nutzen stehen für uns hier nicht im Verhältnis. Daher hieß es ab nun Streckentickets buchen. Aus meiner Sicht gibt es nur Nachteile bei solch einem Streckenticket. Die Buchung kostet Zeit und Nerven. Man darf nur die vom System vorgegebene Strecke fahren. Ein kurzer Abstecher beim Lidl oder Umfahren eines Staus sind nicht möglich bzw. erlaubt. Diese Art des Mautsystems schränkt Reisende, wie uns, enorm ein und die Flexibilität geht komplett verloren.
Insgesamt drei Streckentickets haben wir bereits an diesem einen Tag gebucht. Das letzte Ticket brachte uns dann zu einem kleinen Paradies.
Farmunk
Es war bereits nach 19:00 Uhr, als wir auf dem Gelände von Farmunk bei Mark ankamen. Wir waren verschwitzt, hungrig, müde und vollkommen fertig. Anfangs dachten wir, hier finden wir keinen schattigen Platz für Mo und wollten schon fast wieder fahren. Aber dann hat uns Mark einen Platz gezeigt, der uns aufatmen lies und sein Angebot wir könnten so lange bleiben, wie wir wollten, war ein Geschenk. Ich hatte Tränen in den Augen – vor Erleichterung.
Wir nahmen das Angebot von Mark dankend an und verbrachten die restlichen Tage vom Juli auf Farmunk – einem 17 ha großen Grundstück, auf dem Wildcampen offiziell erlaubt ist. Ausgestattet mit Komposttoiletten und einer Außendusche bot der Platz alles, was wir brauchten. Wir konnten abschalten und ganz in Ruhe ankommen.
Neben Ivan, dem Esel, der uns täglich mit seinen Ziegen besuchen kam, gab es eine Gans und drei Schweine auf dem Gelände sowie unzählige Insekten und diverse andere Krabbeltiere. Das Prinzip auf Farmunk heißt Geben und Nehmen. Der Platz an sich ist kostenlos, jedoch verkauft Mark verschiedene einheimische Lebensmittel, wie leckere ungarische Wurst, Honig, Sirup, Brot und Ziegenkäse. In diesem Falle gönnten wir uns einige der Leckereien und haben es uns gut gehen lassen.
Als Dankeschön, und auch ein bisschen Eigennutz, begradigten wir einen Stellplatz auf dem Gelände, der absolut abseits und komplett im Schatten lag – zogen an diesen Platz, schnitten herunter hängende Äste weg – welche Mo zerkratzen könnten, und entfernten einige tote Bäume – um das Gesamtbild zu verschönern. Wir wuschen Wäsche, welche aufgrund der Hitze im Nu trocken war, gönnten uns täglich eine Abkühlung unter der Außendusche, schlemmten die leckeren einheimischen Lebensmittel und mussten nicht ständig einen Stellplatz für den Folgetag suchen. Wir hatten Zeit die stressigen Tage zu verarbeiten und neue Kraft zu tanken. Da wir nun komplett im Schatten standen, waren die heißen Temperaturen auch einigermaßen erträglich.
So stressig und emotional der Juli auch war, hat er uns doch auch viele schöne und unvergessliche Erlebnisse beschert. Wir haben gemerkt, dass Fahrpausen uns (und auch Mo) unheimlich gut tun und werden diese in Zukunft regelmäßiger in unserer Routenplanung mit berücksichtigen. Schon mal so viele vorne weg… Der August startete mit einer längeren Fahrpause, da wir Besuch bekamen. Mehr dazu im nächsten Reiseblog.