Reiseblog Juli 2025 - Teil einer georgischen Familie
Unser letzter Reiseblog endete mit der Ankunft an einem Stellplatz oberhalb des Zhinvali Stausees, im Herzen der georgischen Berge, direkt an einem reisenden Gebirgsbach. Hier wollten wir ursprünglich ungefähr eine Woche bleiben. Aber eine überraschende Begegnung kippte unsere Pläne mal wieder und so waren wir schlussendlich den ganzen Juli an diesem schönen Flecken Erde.
Neben heißen Tagen, kühlen Nächten, der ein oder anderen Erfrischung im Bach sowie unzähligen tierischen Nachbarn, erlebten wir im Juli erneut die unglaubliche Gastfreundschaft und Herzlichkeit der Georgier. Diesmal jedoch auf eine ganz andere Art und Weise. Denn wir hatten die Möglichkeit für eine zeitlang Teil einer georgischen Familie zu sein und einen Einblick in deren Leben zu bekommen.
Wie das genau zustande kam und was wir alles erlebt haben, könnt ihr den nachfolgenden Zeilen entnehmen.
Häuslich eingerichtet
In der ersten Woche waren wir noch mehr oder weniger für uns allein. Durch die Lage des Platzes kam die Sonne erst nach 8:00 Uhr hinter den Bergen zum Vorschein und ab ca. 15:00 Uhr hatten wir durch einige Bäume Schatten. Dieser war auch dringend notwendig, denn es war zum Teil über 30 Grad heiß und im Mo heizte es sich ordentlich auf.
Daher nutzten wir in der Regel den frühen Vormittag für sämtliche Arbeiten – sei es Homeoffice, Wäsche waschen, Hausarbeit oder irgendwelche kleinen Bastelprojekte. Zum Mittag wurde entweder gekocht oder wir aßen eines der leckeren georgischen Brote. Zwischendurch gab es sogar ein selbst gebackenes Dinkelvollkornbrot, was mich ein wenig an frühere Zeiten erinnern ließ, als ich noch wöchentlich unser Brot selber gebacken hatte.
Wir fühlten uns wohl an dem Platz, genossen die Ruhe sowie die Landschaft um uns herum und hatten uns häuslich eingerichtet. Wie so oft, gab es auch hier ein paar Platzhunde, welche uns nachts stets bewachten und jeden Schmetterling verbellten. Zum Glück passierte dies nicht jede Nacht, so dass wir auch problemlos schlafen konnten.
Ab und an kamen auch andere Reisende, die auf dem Weg von oder nach Shatili waren. In der Regel blieben diese jedoch nur eine Nacht, aber mit dem ein oder anderen kamen wir auch ins Gespräch. Von daher war stets ein wenig Abwechslung geboten, was uns vollkommen ausreichte.
Der Besuch, der alles ändert
Über den Gebirgsbach direkt an unserem Platz verlief eine Hängebrücke, welche unsere Seite mit der anderen Flussseite verband. Wir wunderten uns anfangs darüber, da wir keinen Grund für die Brücke sahen.
Aber nachdem wir feststellten, dass täglich der Schäfer mit seiner Herde über diese Brücke kam, wussten wir, dass auf der anderen Flussseite ein kleines Dorf war.
Wir grüßten den Schäfer stets aus der Ferne und er winkte freundlich zurück. Nach rund einer Woche stand er dann unverhofft mit einem jungen Mädchen vor unserem Mo. Wie sich herausstellte, war dies seine Enkeltochter. Salome konnte Englisch sprechen und mit ihr öffnete sich uns plötzlich eine unbekannte Tür.
Salomes Familie
Noch am selben Tag besuchte ich ihre Familie auf der anderen Flussseite und bekam so einen ersten Einblick. Salome selbst wohnte in einem anderen Teil Georgiens und besuchte während der Sommerferien ihre Großeltern und Tante. Diese wohnten dauerhaft in dem kleinen Dorf namens Tsiprani und waren zum größten Teil Selbstversorger.
Sie hatten mehrere Gärten, in denen sie Obst und Gemüse anbauten, sowie allerlei Tiere. Neben Schafen, gab es Kühe, Schweine, Hühner, Truthähne und selbstverständlich Hunde.
Ich muss gestehen, dass ich beim ersten Anblick des Hauses positiv überrascht war. Hatte ich doch eher eine baufällige Hütte erwartet, stand da ein zweigeschossiges Haus mit einer großzügigen Terrasse. Es war alles da, was man zum Leben brauchte – Strom, fließend Wasser und selbst das Internet hatte den Weg bis in dieses kleine Dorf gefunden.
Die Zufahrtsstraße war jedoch eine reine Katastrophe und würde ein Deutscher niemals mit seinem PKW fahren. Knapp drei Kilometer führte diese durch einen Wald über einen ausgewaschenen Weg mit unzähligen Spurrillen, tiefhängenden Ästen und mehreren Wasserläufen, die den Weg kreuzten.
Wir sind die Straße mehrfach entlang gelaufen und trugen unsere kleinen Roller dabei auf der Schulter. Das war bedeutend materialschonender und auch kräftesparender.
Vom Geben und Nehmen
Nachdem einmal das Eis gebrochen war und wir uns alle kennengelernt hatten, waren wir schnell ein Teil der Familie geworden. Bei jedem Besuch gab es Tee sowie etwas zu Essen und beim Abschied bekamen wir oft noch etwas für unseren Kühlschrank mit.
Regelmäßig kamen wir in den Genuss von frischer Kuhmilch, hausgemachtem Käse sowie verschiedenem Gemüse aus deren Garten. Im Gegenzug bedankten wir uns mit einem selbstgebackenen Kuchen und der ein oder anderen Packung Waffeln, die sie so gern aßen. Außerdem freuten sie sich stets, wenn wir einfach Zeit gemeinsam verbrachten, auch wenn die Kommunikation nicht immer einfach war.
Es war ein Geben und Nehmen und machmal fühlten wir uns ein wenig überfordert von dieser extremen Gastfreundschaft. Aber wir konnten auch etwas zurückgeben – nicht nur in materieller Hinsicht. Das Interesse an der Kultur und die Möglichkeit einen tieferen Einblick in das georgische Dorfleben zu bekommen, erfüllte uns alle mit großer Zufriedenheit.
Einführung in die georgische Küche
So konnten wir hautnah miterleben, wie die georgischen Nationalgerichte zubereitet wurden. Selbstverständlich half ich den Frauen bei diesen Arbeiten, auch wenn sie bei mir längst nicht so schnell von der Hand gingen.
Ich knetete den Teig des leckeren Shoti-Brotes, rollte und formte unzählige Khinkali und sah dabei zu, wie Khachapuri mit Käsefüllung zubereitet wurde. Außerdem erhielt ich das Rezept eines extrem kalorienreichen Buttermilchkuchens, der so saftig und fluffig war, dass er mehrmals während unseres Aufenthaltes gebacken wurde. Ob ich diesen auch so hinbekomme, wenn wir wieder unterwegs sind, wird sich zeigen.
Am Wochenende kamen oft noch weitere Familienmitglieder und stets waren wir herzlich willkommen. Dabei wurden noch lauter andere Leckereien aufgetischt, wie gebratenes Fleisch (eher Fett), verschiedener Fisch oder Bratkartoffeln mit Dill.
Was mir jedoch auffiel und sich zu deutschen Familientreffen unterschied, war zum einen, dass nie alle gemeinsam am Tisch saßen und gegessen hatten. Sie aßen in der Regel, wenn sie Hunger hatten. Daher stand das Essen auf dem Tisch und jeder konnte sich bedienen, wenn ihm danach war. Und zum anderen wuselten die Frauen meist herum, waren immer mit irgendetwas beschäftigt, während die Männer sich genüsslich den Schnaps schmecken ließen.
Heuernte und andere Arbeiten
Als Selbstversorger hatten Sie natürlich allerhand zu tun auf ihrem Hof und bei einigen Arbeiten konnten wir sie tatkräftig unterstützen.
Ich schnitt die Bohnen, welche sie für den Winter einkochten. Zupfte frische Lindenblüten von den Ästen, aus denen sie Tee zubereiteten. Oder half regelmäßig beim Käse machen. Wobei meine Aufgabe darin bestand die flüssige Molke von der festen Käsemasse abzuschöpfen. Anschließend musste der Käse ruhen, bevor er in eine Salzlake kam. Der georgische Käse ist vom Geschmack und der Konsistenz ähnlich dem griechischen Feta. Dem ein oder anderen mag er zu salzig sein. Für uns war er jedoch perfekt.
Aber nicht nur ich packte regelmäßig mit an, auch Christian half, wo er konnte und wo dir durften. So schnitt er das Gras im kleinen Garten mit der Sense, wohingegen in den großen Gärten Maschinen zum Einsatz kamen. Anschließend wurde das Gras zu Heuschobern aufgeschichtet, was uns richtig Spaß machte. Diese Arbeiten fanden in der Regel in den Abendstunden statt, wenn die Sonne hinter den Bergen verschwunden war und die Temperaturen erträglicher wurden. Zu solchen Aktionen fanden sich auch oft Nachbarn mit ein, die tatkräftig mit halfen.
Es war ein einfaches, aber auch anstrengendes Leben in dem kleinen Dorf. Oft wurden die Arbeiten mit simplen Hilfsmitteln verrichtet, die aus diversen Materialien zusammengebaut waren. Die Arbeitsweise unterschied sich dabei stark von der deutschen. Hier in Georgien legte man wert darauf regelmäßig Pausen einzulegen, auch wenn man gerade mal 15 Minuten gearbeitet hatte. Abgesehen vom Autofahren, war Stress bzw. Zeitdruck den Georgien ein Fremdwort.
Eigentlich wollten wir weiter
Auch wenn wir von unseren georgischen Nachbarn regelmäßig mit diversen Lebensmitteln versorgt wurden, neigten sich einige andere Sachen dem Ende zu. Unter anderem brauchten wir dringend frisches Trinkwasser und eigentlich wollten wir auch langsam weiterziehen.
Daher brachen wir Mitte des Monats auf, um Wasser und andere Vorräte wieder auszufüllen. Wir verabschiedeten uns schweren Herzens von Salomes Familie und mussten ihnen versprechen, wenn wir irgendwann mal wieder nach Georgien kommen sollten, dass wir sie besuchten. Das Versprechen gaben wir ihnen gerne, denn für uns stand jetzt schon fest, dass wir nicht zum letzten Mal in diesem wunderschönen Land waren.
Plan war, an sich einen Stellplatz an einem See weiter im Landesinneren anzufahren. Nachdem wir alle Vorräte aufgestockt hatten, ging es an den besagten See. Aber dieser sagte uns kein bisschen zu und wir haben uns total unwohl gefühlt. Alles flach, kein Schatten, keine Möglichkeit im See baden zu gehen, ziemlich viele Häuser in unmittelbarer Nähe und extrem viele Menschen.
Zu dem Zeitpunkt war es bereits nach 12:00 Uhr und brütend heiß. Wirklich weit fahren wollten wir an sich nicht mehr und entschieden nach einigem Hin und Her zurück an unseren Platz am Gebirgsbach zu Salomes Familie zurück zu fahren. So konnten wir ihnen noch beim nächsten Schwung der Heuernte helfen und sie weiterhin bei der ein oder anderen Arbeit unterstützen.
Spontane Einladung
Gesagt – getan. Auf dem Rückweg legten wir noch einmal einen Zwischenstopp an einem Supermarkt ein, um ein paar Waffeln als Geschenk für Salomes Familie mitzubringen. Während ich im Supermarkt war, wurde Christian von einem Einheimischen namens David angesprochen und direkt zu sich nach Hause eingeladen.
Nein sagen, war keine Option. Denn dies käme einer Beleidigung gleich und das wollten wir keineswegs. Christian gab David zu verstehen, dass er noch auf mich warten musste und kurz darauf saßen wir bereits bei der zweiten georgischen Familie im Garten.
Sie tischten Fleisch, Käse, Brot und frisches Gemüse auf und wir sollten ordentlich zulangen. So viel Gastfreundschaft von völlig Fremden war uns uns schon fast unangenehm und wir waren erneut berührt von dieser Warmherzigkeit.
Nach einer Stunde mussten wir uns jedoch verabschieden, da wir noch eine Strecke von gut 25 km vor uns hatten und Salomes Familie mit unserer Rückkehr überraschen wollten. Und diese ist uns auch gelungen. Vor allem Salomes Oma freute sich über unsere Rückkehr und zog uns mit einer warmen Umarmung an ihr Herz.
Ein ganz normaler Tag
Den Rest des Monats hatte sich ein gewisser Alltag entwickelt. Während wir den Vormittag für uns nutzten und unseren Arbeiten nachgingen, saßen wir am Nachmittag oft bei Salomes Familie im Garten.
Wir tranken Tee, aßen Kuchen oder Melone und unterhielten uns über allerlei Dinge. Dabei lernten sie ein wenig von der deutschen und wir von der georgischen Kultur kennen. Die Kommunikation war zeitweise nicht ganz so einfach, vor allem als Salome nicht vor Ort war und uns somit der Dolmetscher fehlte. Wir versuchten uns dann mit dem Google Übersetzer oder Händen und Füßen weiterzuhelfen, was an sich auch funktionierte.
Wenn die Nachmittage zu heiß waren, kühlten Christian und ich uns regelmäßig in unserer großen Badewanne direkt vor der Haustür ab. Das war ein großer Vorteil, wenn der Stellplatz direkt an einem rauschenden Gebirgsbach liegt. Aber nicht nur die Zweibeiner kühlten sich dabei ab, auch die Vierbeiner hatten ihren Spaß.
Mäuseparadies
Der Nachteil jedoch, wenn man lange Zeit an ein und demselben Platz mitten in der Natur steht – es können auch ungebetene Besucher vorbeischauen. Und so hatten wir das erste Mal seit Beginn unserer Reise blinde Passagiere mit an Bord.
Die Wiese auf der wir standen bzw. das ganze Gebiet um uns herum war ein reines Mäuseparadies. Irgendwann hatten sich die kleinen Nager ins Fahrerhaus unseres dicken Mo verirrt und es war gar nicht so einfach diese wieder rauszubekommen.
Eine Mausefalle hatten wir natürlich nicht mit dabei und der nächste „Baumarkt“ war mindestens 25 km entfernt. Wobei man diese Geschäfte definitiv nicht mit einem deutschten Baumarkt vergleichen durfte. Daher behalfen wir uns mit den Sachen, die wir vor Ort hatten und Christian bastelte aus einer leeren Flasche und einigen Holzstücken eine Mausefalle, die wir mit Giftködern bestückten.
Schon in der ersten Nacht verrichtete diese erfolgreich ihren Dienst und Christian brachte die Maus am nächsten Tag auf die andere Flussseite, weit weg von Mo.
Mit einer Maus war es jedoch nicht getan. Insgesamt acht Stück fingen wir bis Ende des Monats. Und ich kann schon mal vorweg nehmen, dass es dabei nicht blieb.
Ob die Mäuse Schaden bei unserem Mo angerichtet haben. Ob wir tatsächlich weitergezogen sind und was wir während unseres Sommers in Georgien noch alles erlebt haben – Das erfahrt ihr in unserem nächsten Reiseblog.
Von daher seid gespannt, wir sind’s. Bis zum nächsten Mal, wenn ihr mögt!




























































































