Reisemonat Mai 2024
Mai 2024 – Aufbruchsstimmung
Nach fast 6 Jahren Vorbereitungs- und 4,5 Jahren Bauzeit sowie unzähligen Planungsstunden und einigen grauen Haaren mehr, ging es am 29. April 2024 endlich los in unser großes Abenteuer „Seidenstraße mit vielen Umwegen und viel Zeit im Gepäck“. Lange haben wir diesen Moment herbei gesehnt.
Der Abschied aus Villingen-Schwenningen gestaltete sich herzlich durch Christian seinen Chef und einigen Arbeitskollegen. Mit Taschentüchern wurde zum Abschied gewunken und ab ging die Fahrt.
Es geht los
Als erstes Etappenziel hatten wir uns einen ruhigen Wanderparkplatz in der Nähe des Schönbuchturms bei Herrenberg rausgesucht. Kurz nach der Auffahrt auf die Autobahn hupte es plötzlich neben uns. Martin, welchen wir über Instagram kennengelernt haben, überholte uns und fuhr bei der nächsten Ausfahrt direkt raus, um unsere ersten Kilometer auf der Autobahn von einer Brücke herunter per Video festzuhalten. Was für ein epischer Moment.
Am Stellplatz angekommen, wurde erstmal geprüft, ob bei Mo noch alles dicht ist und anschließend die Gegend erkundet. Am Abend gab es jedoch schon die erste kleine Herausforderung. Unsere Wasserpumpe im Innenbereich saugte kein Wasser mehr an. Christian machte sich direkt an die Problemsuche und nach einer Stunde war alles behoben bzw. die erste Optimierungsmaßnahme wurde notiert.
Die erste Nacht in „Freiheit“ verlief sehr ruhig und am nächsten Morgen hieß es 5 km zum Schönbuchturm wandern und anschließend wieder zurück. Morgens 08:00 Uhr hatten wir den Turm ganz für uns alleine und eine schöne Aussicht über den Naturpark Schönbuch. So gefällt uns das am besten.
Werkstatthopping
Unser nächstes Etappenziel hieß Schwäbisch Hall. Wider Erwarten hat uns die Stadt positiv mit seiner hübschen Altstadt und deren Fachwerkhäusern, sowie dem großzügig angelegten Park, durch den die Kocher fließt und dem Kloster Großcomburg überrascht. Doch wir waren nicht nur zum Sightseeing hier, sondern haben Mo einer kleinen geplanten Operation unterzogen. Die Dieseleinspritzpumpe wurde überprüft und eingestellt. Nach erfolgreicher Probefahrt und drei Nächten hinter der Werkstatt, konnte unsere Reise weitergehen. Auf ins Grüne, zum nächsten ruhigen Wanderparkplatz.
Doch das Glück ist uns irgendwie nicht hold und so hatten wir bereits am Folgetag unsere nächste Baustelle am Mo. Während eines Zwischenstopps auf einem Autobahnrastplatz hat Christian am Wellendichtring der Hinterachse eine Undichtigkeit festgestellt. Das dieser nach 35 Jahren irgendwann undicht wird, war uns klar. Wir entschlossen uns für die (aus unserer Sicht) sicherste Variante und haben nach einer entsprechenden Werkstatt auf unserer Strecke gesucht. Glücklicherweise standen wir gerade kurz vor Bayreuth und konnten direkt zu einer nahe gelegenen Werkstatt fahren. Jedoch hatte diese anscheinend keine Lust auf ungeplante Reparaturen, vertröstete uns auf einen frühstmöglichen freien Termin in zwei Wochen und schickte uns zur nächsten Iveco Werkstatt nach Hof. Obwohl es ein Samstag und kurz vor 12:00 Uhr war, wurden wir hier herzlich empfangen und uns ein Termin für den Anfang der Woche zugesichert. Direkt auf dem Werkstattgelände hatten wir die Möglichkeit kostenlos das Wochenende mit Mo zu stehen und haben uns die Zeit mit dem Erkunden der Gegend vertrieben. Der nahe gelegene Untreusee sowie der McDonalds zum WLAN-schnurren hatten uns an diesen Tagen öfter gesehen.
Früher als geplant, durfte unser Mo dann bereits am Montagvormittag in die Werkstatt. Während Christian das Geschehen direkt vor Ort live mitverfolgte, habe ich mir die Zeit mit lesen und einem erneuten Besuch des Untreusees vertrieben. Auch wenn es ein ungeplanter Aufenthalt war, werden wir das super Werkstattteam, den leckeren Kakao, die kostenlose Dusche sowie den herzlichen Chef in positiver Erinnerung behalten.
Goodbye Deutschland
Ohne weiteren Zwischenstopp und zwei Tage später als geplant, trafen wir endlich im Erzgebirge bei Christians Eltern ein. Für die nächsten zwei Wochen standen diverse kleine Optimierungsarbeiten am Mo, das ein oder andere Bauprojekt bei Christians Eltern, die Verabschiedung von Freunden und Familie, viel leckeres Essen sowie bürokratische Wege auf dem Programm.
Am 21. Mai 2024 hieß es dann schweren Herzens auch von Christians Eltern auf unbestimmte Zeit Abschied nehmen und wir brachen auf in das große Unbekannte. Ab jetzt sind wir mehr oder weniger auf uns alleine gestellt.
Die erste Nacht war noch relativ nah an Meißen, da der Weg aus dem Erzgebirge sich ziemlich in die Länge zog. Unweit von Moritzburg fanden wir einen ruhigen Stellplatz mitten im Grünen. Von da ging es zu Fuß zum Moritzburger Schloss um noch einmal in Kindheitserinnerungen zu schwelgen. Neben Mo sind unsere Füße ab jetzt unsere wichtigsten Fortbewegungsmittel. Da war es nicht gerade von Vorteil, dass ich mir direkt eine Blase gerieben habe. Was soll’s – ein bisschen Pflege und Gutzureden und schon konnten wir am Folgetag weitergehen bzw. -fahren.
Durch Deutschland Richtung Polen
Der Spreewald-Kreis war unser nächstes Ziel. In Fürstlich Drehna schauten wir uns das Wasserschloss an, aber ein Zugang zum See (ein geflutetes ehemaliges Tagebaugebiet) war leider nicht möglich – alles Sperrgebiet. Daher ging es noch einmal rund 70 km weiter Richtung Königs Wusterhausen. Hier gibt es viele Seen, welche zum baden einladen und diese Möglichkeit haben wir direkt wahrgenommen. Klamotten aus, rein in den (kalten) See, einmal kurz untertauchen, waschen und anschließend schnell wieder raus. Und am besten immer in Bewegung bleiben, damit die Mücken nicht viel Möglichkeit haben einen zu stechen. In den letzten Jahren hatten wir wenig Berührungspunkte mit diesen fiesen Biestern. Seit Brandenburg sind sie jedoch unser ständiger Begleiter.
Was uns ebenfalls von Brandenburg in Erinnerung bleiben wird, sind eine gewisse Trostlosigkeit, der Charme der DDR und der Kuckuck, welcher gefühlt an jedem Ort war.
Auf unserem letzten Stellplatz in Deutschland, ca. 35 km vor der polnischen Grenze, legten wir noch einen kleinen Schönheitstag ein. Baden im See, ausgiebiges Haare waschen und die ein oder andere Pflegeeinheit. Danach fühlten wir uns wie neu geboren und konnten ruhigen Gewissens am nächsten Tag in Polen einreisen. Der Grenzübertritt verlief ziemlich unspektakulär und ohne Zwischenfälle.
Auf zur Ostsee
Eigentlich hatten wir vor größere Städte zu meiden, aber da wir direkt an Stettin / Szczecin vorbeifuhren, entschieden wir uns einen Abstecher in die Stadt zu machen. Direkt am Hafen fanden wir einen großen, kostenlosen Parkplatz, welcher für eine Stadtbesichtigung ein idealer Ausgangspunkt war. Wir schlenderten durch die Altstadt zum Schloss der Pommerschen Herzöge, vorbei an der Jakobi-Kathedrale, der St. Peter und Paul Kirche hin zur Galeria Kaskada, einem großen Einkaufszentrum. Ziel war es, eine polnische SIM-Karte zu organisieren, was super geklappt hat. Knapp 450 GB für rund 9,00 EUR gibt es in Deutschland definitiv nicht. Auf dem Rückweg ging es über die Hakenterasse bis hin zum Hafen und wieder zurück, vorbei am maritimen Wissenschaftszentrum und den Kranosauriern, drei alten Hafenkränen, welche nachts auch beleuchtet sind. Zum Schluss waren es 20 km, die wir an diesem Tag durch die Stadt liefen. Für die Nacht sind wir an einen ruhigeren Stellplatz gefahren, da uns die Autoposer dann doch zu laut wurden.
An sich hatten wir noch einen Zwischenstopp auf dem Weg an die polnische Ostsee eingeplant, aber da wir so gut rollten und es noch früh am Morgen war, entschieden wir uns bis Kolberg / Kołobrzeg durchzufahren. Außerdem sehnten wir uns mal wieder nach einer heißen Dusche und steuerten einen Campingplatz an. Kurze Zeit später standen wir dann an der polnischen Ostsee. Mit den Füßen im weichen Sand ließen wir uns die Seeluft um die Nase wehen und genossen die warmen Sonnenstrahlen. Es war ein unbeschreibliches Gefühl. Wir schlenderten am Strand entlang, wo unsere Füße ab und zu vom kalten Ostseewasser umspült worden, begnügten uns mit einem kurzen Blick auf den verhüllten Leuchtturm, schauten den Vergnügungsschiffen, welche im Hafen ein- und ausfuhren, zu und liefen die Promenade wieder zurück. Diesmal waren es rund 15 km und pünktlich bevor der große Regen kam, waren wir am Mo wieder zurück.
LKW-Verbote und Schiffe auf dem Trockenem
Der nächste Tag war ein Wechselbad der Gefühle. Wir verabschiedeten uns von der Ostsee, tankten zum ersten Mal seit der Abfahrt unseren Mo (so schnell wie der Preis nach oben ging, konnten wir gar nicht schauen) und landeten um die Mittagszeit am Jamno-See. Eine kleine Marina, komplette Stille und schlechtes Internet – mehr hatte dieser Ort nicht zu bieten. Der letzte Punkt bewegte uns zur Weiterfahrt und bei der Durchfahrt von Koszalin wurden unsere Nerven dann gehörig auf die Probe gestellt. Mitten auf der Zufahrtsstraße zur Autobahn tauchte plötzlich ein LKW-Verbotsschild auf. Auch wenn wir ein Wohnmobil sind, müssen wir solche Schilder beachten. Nun hieß es Ruhe bewahren, schnell umdisponieren und nach einer Alternativstrecke suchen. Nach der Ankunft am Stellplatz, hieß es erstmal durchatmen. Während wir unser Essen kochten, kamen wir mit einem älteren Herrn ins „Gespräch“, wobei die Verständigung eher mit Händen und Füßen erfolgte. Es war jedoch eine positive Erfahrung und für uns das erste Mal in einem nicht touristischem Gebiet.
Am Stellplatz zwischen Gdingen / Gdynia und Danzig / Gdańsk dann angekommen, wurde erstmal der Weg zur Ostsee rausgesucht. Da wir in der Regel etwas außerhalb parken, führte unsere Wanderung 7 km durchs Unterholz bis wir an der Holzmole in Sopot, der längsten Holzseebrücke von Europa, standen. Am Strand angekommen, hieß es wieder Schuhe aus und Füße in den Sand. So schön weich und sauber wie in Kolberg war er hier jedoch nicht. Daher schnell wieder Schuhe an und die Promenade langgelaufen bis zur nächsten Seebrücke, welche einen weiten Blick auf die Danziger Bucht und das Klif Orłowski bot.
Die Marienburg / Malbork sollte unser nächstes Highlight werden. Jedoch hatten wir zum einen nicht auf dem Schirm, dass Fronleichnam in Polen ein Feiertag ist und zum anderen fanden wir keinen erschwinglichen Parkplatz für Mo – außer wir hätten LKW-Verbotsschilder ignoriert. Somit fuhren wir schweren Herzens und unverrichteter Dinge weiter.
Umso größer war die Freude, dass die Besichtigung des Schiffshebewerkes ohne Probleme klappte und wir sogar direkt daneben parken konnten. Die 160 Jahre alte Anlage, die zu 100% mit reiner Wasserkraft betrieben wird, ist einzigartig auf der Welt. Auf einer Strecke von 10 km des Oberlandkanals befinden sich fünf solcher Stationen, welche mit einem schönen Fuß-/Radweg miteinander verbunden sind. Wir konnten mehrere Boote beobachten, wie sie aus dem Wasser herausgehoben wurden, über Land gefahren und wieder ins Wasser hineingeglitten sind. Dabei überwinden sie einen Höhenunterschied von insgesamt 100 m auf der gesamten Strecke. Zu unserem Glück durften wir sogar einen Blick in den Maschinenraum werfen und die alte Technik bewundern. Was für ein schöner Abschluss unseres ersten Reisemonats.
Der Mai war ein Monat geprägt von Höhen und Tiefen, unvergesslichen Erlebnissen, aber auch schmerzhaften Erfahrungen. Es bleibt somit spannend – für uns und auch für euch.